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AutorenbildJosephine Rath

Let’s talk about Hair Stories ...



Was wäre Audrey Hepburn ohne ihren edlen Beehive. Marylin Monroe ohne ihre glamourösen Diva-Waves, Grace Kelly ohne ihre typischen Wasserwellen oder eben das verlockende Weib Brigitte Bardot ohne ihre Löwenmähne? Noch heute, vier Jahrzehnte später, würde man all diese Frauen allein an der Silhouette ihrer Frisur erkennen. Hätten sie einen Bad Hair Day gehabt, wären sie uns vielleicht nie in Erinnerung geblieben. Schon in der Anfangsszene von „Et Dieu... créa la femme" fährt sich Brigitte Bardot aufreizend durch die langen wilden Haare und wickelt damit alle Männer in ihrer Umgebung nonchalant um den Finger. Selbst im Bett sitzt ihre Frisur noch immer so elegant wie ein paar Jahre später Audrey Hepburns Banana Flip beim Frühstück bei Tiffany’s. Auch heute noch sind Haare ein Sinnbild unserer Kultur, sie konstruieren – und dekonstruieren – Bilder unserer selbst, sind Zeichen für Emanzipation und Selbstbewusstsein – genauso wie für Status. So trug die monegassische Fürstin Charlotte Casiraghi zu ihrer Hochzeit als Hommage an ihre Großmutter Grace Kelly eben jenes Statement-Styling, das deren Identität widerspiegelt. „Eine Löwenmähne lässt noch nicht auf ein Löwenherz schließen.“ – Walter Ludin Sind Haare also unsere Identität? Nicht direkt – aber jede Frisur sendet psychologische Signale an unser Gegenüber. Im Teenageralter sind vor allem sie ein Experimentierfeld in der Identitätsfindung. Laut empirischen Forschungen (Professor Reinhold Bergler und die Psychologin Dr. Tanja Hoff "Die Psychologie des ersten Eindrucks“) sind Frauen und Männer davon überzeugt, anhand des Schopfs ihres Gegenübers Temperament, Gesundheit, Intelligenz und Selbstbewusstsein ablesen zu können. Es signalisiert die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe: Schon immer wurden Frauen in allen Kulturen anhand ihrer Haartracht einem sozialen Status zugeordnet. Gut betuchte Ehefrauen mit Föhnwellen, ältere Damen mit Pagenkopf, Rebellinnen mit raspelkurzem Haar, Women of Color mit Krause oder verschleiertem Kopf. Unbewusst passen wir uns unserem sozialen Umfeld an – oder setzen bewusst einen Kontrast. Und: Nichts lässt sich schneller und einfacher verändern als dieser Teil unseres Selbst. Farbe, Länge, Schnitt: Innerhalb von zwei Stunden können wir ein neuer Mensch sein – zumindest äußerlich. Aber geht diese Wandlung dann auch innerlich von statten? Ist das ein Neues Ich? Oder kann es zumindest helfen, nicht länger in einem Kreis um die Person herumzutanzen, die wir gerne wären – sondern mit Schwung einfach das neue Ich zu leben? Schön wäre es, wo der lange Flaum evolutionsbedingt eigentlich nichts anderes als ein Schutz vor Umwelteinflüssen ist – den wir so gar nicht mehr brauchen. Umfragen zufolge entfernen daher auch 97 % der Frauen die Körperbehaarung unter den Achseln, 93 % an den Beinen. Doch geht es um die Kopfbehaarung heißt es oft: Bitte nur Spitzen schneiden! Denn soziokulturell ist üppiges Haar eine Assoziation von Lebenskraft und Gesundheit, fehlt dieses stimmt etwas nicht.


„Solange es Haare gibt, liegen sich Menschen in denselben.“ – Heinz Erhardt


Da stehen einem im wahrsten Sinne des Wortes, die Haare zu Berge: Nicht erst seit Britney Spears oder Sinéad O’Connors ist das Kahlscheren des Kopfs eine symbolische Handlung. Schon Im Mittelalter wurde es als Mittel zur Unterdrückung, Bestrafung und Demütigung verwendet – vor allem Ehebrecherinnen wurden damit gebrandmarkt. Zur Zeit der französischen Kollaborateurinnen wurden Zwanzigtausenden von Frauen die Haare öffentlichkeitswirksam radikal geschnitten, als Machtdemonstration und Racheakt. Und bereits im Alten Ägypten wurden Sklaven als Zeichen ihrer Unfreiheit geschoren. Zur Zeit der Konzentrationslager wurden Menschen ihrer Identität beraubt: Zuerst durch den Ersatz ihres Namens durch eine Nummer – anschließend in Form des Schnitts ihrer Haare, das sichtbare Zeichen von Kultur und Religion.

Eine der ältesten Geschichten über die Macht der Frisur ist die alttestamentliche Erzählung um Samson: Dieser wurde von Gott mit außergewöhnlicher Kraft gesegnet – die sich in seinem langen üppigen Haar manifestiert. Dies wird ihm zum Verhängnis, als er sich in die schöne Deliah verliebt, die das Geheimnis seiner Gesundheit an seine Feinde verrät. Samsons Längen werden geschnitten und er verliert damit seine gottgegebene Kraft. Auch in anderen Kulturen kommt dem Thema eine magische Bedeutung zu: Die Griechen zum Beispiel brachten ihren Göttern ihre Haarpracht als Opfer dar. Der griechische Gott Thanatos schneidet seinen sterbenden Opfern eine Locke ab, bevor er sie in die Unterwelt führt. Im Krieg skalpierten viele Sieger die Köpfe ihrer Opfer und nahmen diese als Trophäe mit nach Hause. In der Hexenmythologie und Dämonologie wird dunklen Mächten oft nachgesagt, sie würden im Haupt festsitzen – Hexen wurden daher vor der

Verbrennung oft rasiert. Selbst 2019 kann das Ganze noch ein Politikum sein: Erst jetzt

wurde in New York ein Gesetz erlassen, dass Frauen mit Afrokrause erlaubt, mit ihrer natürlichen Frisur im Büro zu erscheinen. Vorher konnte der Arbeitgeber sie dazu auffordern es chemisch zu glätten oder abzuschneiden. In unserem Kulturkreis wird es als Eingriff in die Intimsphäre gewertet, wenn jemand Fremdes unser Haar berührt. Wir selbst hingegen fassen uns hunderte Male am Tag in Pony und Spitzen: zwirbeln, werfen, knoten es. Das beruhigt den Herzschlag und schenkt Geborgenheit.

Zum Haare raufen: Doch warum sitzt das Styling nach dem Aufstehen gefühlt immer nur dann perfekt, wenn just in dem Moment eigentlich ein Friseurtermin ansteht – oder wir den Tag mit dem perfekten Dutt eigentlich nur allein Zuhause verbringen? Wie unsere DNA sind die feinen Fäden ein komplizierter Code, der uns im Inneren berührt. Hier spiegelt sich unser Seelenleben wieder. „Man muss den Kern des Haares verstehen.“, sagt Friseurin Elizabeta Zefi. Bei der Salonbesitzerin aus München bekommt daher jede Kundin zuerst eine Haaranalyse – und zwar höchstwissenschaftlich unterm Mikroskop. „Hier lässt sich nicht nur erkennen, welche Struktur das Haar hat und wie es äußerlich gepflegt wurde – sondern auch wie es der Trägerin mental und physiologisch geht. Hat sie sich in den letzten Monaten gesund ernährt? Hatte sie Stress? Kummer? Rückenschmerzen? All das lässt sich bei genauem Hinsehen erkennen und analysieren. Und zwar mitunter monatsgenau.“ Vielleicht rührt daher auch die besondere Beziehung von Frauen zu ihrem Friseur, den sie meist über Jahre hinweg mit Haut und Haaren lieben. Ein Salonbesuch ist viel mehr als eine Beauty-Routine – es ist Me-Time, kann aber auch lebensverändernd sein. In jedem Fall ist es aber intime Qualitytime, zusammen mit jemanden der uns quasi wieder ins Gleichgewicht bringt – zumindest äußerlich. Dafür geben Frauen in Deutschland durchschnittlich 253 Euro pro Jahr aus. Manch eine(r) lässt das jedoch auch schon einen einzigen Besuch kosten. „Fairness ist die Kunst, sich in den Haaren zu liegen, ohne die Frisur zu

zerstören.“ – Gerhard Bronner

Ist es das wert? Macht schönes Haar glücklich(er)? Bringt uns das perfekte Hollywood-Haar in opulenter Manier wirklich auch Fülle in unser Leben? Wie viele Frauen kennen wir wirklich, die jeden Tag mit einer Mega-Mähne vor uns stehen – während wir selbst nur einen Chignon geknotet oder nachlässige Wellen gedreht haben, die sich spätestens bis zum Lunch-Date wieder in schlappe Spagetti verwandeln? Haare sprechen nicht nur unsere innerste Sprache, sondern sind auch ein Schutzschild. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage findet mehr als die Hälfte der befragten Frauen, dass eine gute Frisur auch großen Einfluss auf das allgemeine Wohlbefinden hat. Außerdem haben 43 Prozent der Damen den Eindruck, mit dem richtigen Kopf-Styling auch selbstbewusster zu sein. Mit dem Look verändert sich auch die Wahrnehmung durch andere: Dreiviertel der Befragten finden Personen mit schönen Haaren attraktiver. Das macht sich auch in der Liebe bemerkbar: 74 Prozent meinen, dass Personen mit gepflegter Mähne erfolgreicher bei der Partnersuche sind und fast jeder Dritte glaubt sogar, diese seien auch glücklicher. Jeder Zweite sagt zudem, schöne Haare lassen Menschen jünger aussehen und wirken sich auf den Erfolg im Job aus. 61 Prozent sprechen Personen mit einem guten Styling größere Selbstsicherheit zu. Besonders wichtig sind der Mehrheit gut sitzende Haare bei Bewerbungsgesprächen (91 Prozent) und bei der Partnersuche (87 Prozent).

Warum messen wir dem Alltag so wenig Bedeutung zu? Sollten wir uns nicht auch hier der Üppigkeit hingeben und unserem Haar die Aufmerksamkeit schenken, die es verdient? Zugegeben: Eine aufwendige Frisur am Morgen zu kultivieren (und den ganzen Tag lang zu erhalten) braucht Zeit. Haarsträubend: Obwohl laut Forsa-Umfrage, Frauen in Deutschland ein gutes Haarstyling wichtiger ist als Make-up und gepflegte Hände, nimmt sich jede(r) von uns durchschnittlich maximal 5 Minuten Zeit dafür. „Frauen mit gut frisierten Haaren vermitteln, dass sie sich morgens Zeit fürs Frisieren einräumen und damit so gut organisiert sind, dass sie auch zuverlässig einen Job bewältigen.“, so Schwarzkopf Haarexperte Armin Morbach. Hat also, wer sich keine Zeit für ein gutes Haarstyling nimmt, sein Leben nicht im Griff?

Bringen wir es unter die Haube: Volles üppiges Haar kann empowern. Es kann jede Menge Spaß machen, sich Zeit für sich selbst zu nehmen, die Haarpflege zur Selfcare- Routine zu machen. Neue High-Tech-Tools, die wie Saug-Wisch-Roboter nicht den Haushalt erleichtern wollen, sondern uns per se automatisch durch einen V9 Motor starken Heißluftstrom binnen Sekunden perfekte Wellen oder wahlweise ordentlich Volumen ins Haar pusten sollen. Wenn nach dem ganzen Prozedere und 1.000 Bürstenstrichen aber trotzdem nur kaputte Spitzen und ein schlapper Ansatz zurückbleiben, hilft nur noch Power von Innen und ein paar gute Schönheitselixiere von außen – damit wir in Femme fatale Manier ein paar Köpfe verdrehen können...


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